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Operieren und kassieren

op-atlasUnter diesem Titel wurde im Juni in der Sendereihe „Die Story“ des WDR eine Dokumentation gesendet, die sich mit der unterschiedlichen regionalen Häufigkeit von Operationen in Deutschland und mit den möglichen Hintergründen beschäftigt.

In Deutschland entscheidet offenbar häufig allein der Wohnort darüber, ob ein Patient operiert wird oder nicht. Das ist das Ergebnis der aufwendigen Recherche im Auftrag des WDR. Ein Journalistenteam hat gemeinsam mit dem Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS) erstmalig ein Computerprogramm entwickelt und damit die Daten des Statistischen Bundesamtes zu rund 130 Millionen Krankenhausaufenthalten analysiert. Die Auswertung zeigt, wie sehr die ärztliche Behandlung davon abhängt, wo ein Patient lebt und wie profitorientiert ein Krankenhaus ist.

Bezogen auf die Wirbelsäulenchirurgie zeigen die Daten recht eindeutig, dass in einigen Regionen die Häufigkeit von Operationen im Verhältnis zur Anzahl der Patienten erschreckend hoch ist. Sachliche medizinische Gründe können dabei weitestgehend ausgeschlossen werden. Offenbar gibt es einfach Kliniken und Ärzte, die ihren Patienten in solchen Situationen Operationen anbieten, in denen viele andere Facharztkollegen keinen Grund für eine Operation sehen. Über die Motivation kann man nur mutmaßen. Die WDR-Dokumentation vermutet finanzielle Anreize und zeigt die Verdienstmöglichkeiten auf, die sich durch Operationen an der Wirbelsäule ergeben.

Wir Autoren des Wirbelsäulenblogs können bestätigen, dass es leider Kollegen gibt, die sich von ökonomischen Gesichtspunkten leiten lassen, wenn eine Therapieentscheidung getroffen werden muss. Nur sehr wenige tun das aus reiner persönlicher Geldgier, eher geht es um den Erhalt eines Krankenhauses oder einer Praxis mit den entsprechenden Arbeitsplätzen, welche ja direkt von der Erlössituation abhängen. Die große Mehrheit der Kollegen fällt die Therapieentscheidungen aber unabhängig von finanziellen Überlegungen.

Aber auch dann gibt es unterschiedliche Meinungen: Manche Fachärzte favorisieren eine Operation, da sie dem Patienten die möglichen guten Behandlungserfolge nicht vorenthalten wollen, andere Kollegen sind vorsichtiger, sehen eher die möglichen Komplikationen und raten seltener zur Operation. Viele Gründe kann es also auch unabhängig vom Geld geben, weshalb in manchen Kliniken Operationen an der Wirbelsäule häufiger angeboten werden als in anderen.

In unserer Klinik sind wir mit der Entscheidung zur Operation relativ zurückhaltend, eine solide konservative Therapie steht aus unserer Sicht bei vielen Wirbelsäulenerkrankungen an erster Stelle. Das wird durch die Daten der WDR-Recherche belegt: In unserem Versorgungsgebiet wird deutlich unterdurchschnittlich häufig an der Wirbelsäule operiert. Allerdings gibt es auch viele Situationen, in denen eine Operation absolut sinnvoll und manchmal auch notwendig ist. In unserem Blog kann man in vielen Geschichten solche Situationen nachvollziehen.

Obwohl die WDR-Journalisten in der Frage der ärztlichen Motivation zur OP etwas zu einseitig argumentieren, handelt es sich um eine sehr informative und sehenswerte Dokumentation, die wir unseren Lesern gern ans Herz legen möchten. Unter den folgenden Links finden Sie den Verweis auf die Sendung (noch in der ARD-Mediathek verfügbar) und auf das umfangreiche Datenmaterial des WDR.

http://programm.ard.de/?sendung=28106143165943

http://www1.wdr.de/verbraucher/gesundheit/op-atlas/index.html

1 Kommentar

  1. Guten Tag,

    eine interessanter Artikel. Ich finde es generell schade, dass medizinische Entscheidungen manchmal finanziellen Interessen folgen.
    Aus meiner Sicht sollte IMMER das Wohl des Patienten und dessen Gesundheit im Vordergrund stehen.

    Mit Besten Grüßen,
    Gerd Kretzschmar

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